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Dr. Stephan Bücker – Uploadfilter

Photo by Christian Wiediger on Unsplash

Im Zweifel für Uploadfilter – droht das Aussterben der Memekultur?

Während die Urheberrechtsreform endlich Klarheit im deutschen Recht für Karikaturen, Memes und Parodien bringt, stehen die gefürchteten Uploadfilter vor der Tür. Der Gesetzesentwurf wurde beschlossen und soll am 01. August 2021 in Kraft treten. Hierdurch wird der umstrittene Artikel 17 (zuvor Artikel 13) der EU-Urheberrechtsreform in nationales Recht umgewandelt. Gegenüber stehen sich Internetuser, die eine Zensur fürchten, Musiker und Künstler, die sich entrechtet fühlen, sowie die Plattformen, die letztendlich zum Handeln gezwungen werden. Aber so richtig zugehört wird wohl keinem.

Welche Änderungen bringt der Gesetzesentwurf mit sich?

Die entscheidende Änderung, dass ab sofort auch Plattformbetreiber für das Handeln ihrer Nutzer verantwortlich sind, mag zunächst harmlos klingen, brachte aber die Debatte um den Artikel 17 ins Rollen. Eben jene Plattformen – wie z.B. YouTube, Twitter und TikTok – haben in Zukunft zwei Handlungspflichten: Vor einem Upload müssen entsprechende Rechte der Urheber eingeholt werden oder der Upload muss unterbunden werden. YouTube arbeitet schon seit Jahren mit einem ähnlichen System, dem sogenannten Content-ID System. So war es ausreichend, wenn die Inhalte bei einer Beschwerde des Rechteinhabers nachträglich gesperrt wurden. Durch die Umsetzung der europäischen Richtlinie sollen Rechtsverletzungen jedoch von vornherein vermieden werden. Es soll somit gar nicht zu einem Upload kommen. Hoffnung für die User gegen das gefürchtete Overblocking bringt aber die eingefügte Bagatellgrenze. So werden ein 15-Sekunden Schnipsel eines Films oder Musikstücks, 160 Zeichen eines Textes oder Fotos und Grafiken bis zu 125 Kilobyte nicht automatisch gesperrt, sofern eine nicht-kommerzielle Nutzung vorliegt. Hier wird vermutet, dass keine Raubkopie vorliegt. Trotzdem haben Rechteinhaber die Möglichkeit, den Inhalt nachträglich sperren zu lassen, für den Fall, dass tatsächlich eine Rechtsverletzung vorliegt.

In dubio pro blockieren: die Problematik der Uploadfilter

Sie wurden ausgeschlossen und trotzdem umgesetzt. Aber sind sie wirklich so problematisch, wie alle befürchten? Bei der Masse an Daten im Internet – auf YouTube werden jede Minute ca. 400 Stunden Videomaterial hochgeladen – wird deutlich, dass die Kontrolle von Urheberrechtsverletzungen händisch schier unmöglich erscheint. Demnach erscheinen die Uploadfilter unvermeidbar. Die Kritik ergibt sich jedoch aus der Anfälligkeit von Fehlern und möglichen Manipulationen. So ist es möglich, geschützte Inhalte an den Schranken des automatisierten Systems vorbeizuschmuggeln. Problematischer allerdings erscheint die Tatsache, dass der Kontext für die Systeme nicht erkennbar ist. Dabei ist gerade dieser für das Vorliegen von Urheberrechtsverletzungen entscheidend. Explizit davon betroffen wären Memes, Parodien, Remixe und Pastiches. Diese sind durch die neue gesetzliche Regelung explizit erlaubt, sofern eine kritische oder ironische Auseinandersetzung mit dem Original vorliegt. Wie ein Uploadfilter die Ironie des vorliegenden Uploads erkennen soll – obwohl dies für Menschen auch nicht immer fehlerfrei möglich ist – bleibt ein großes Fragezeichen. Genauso wahrscheinlich erscheint es, dass sich Plattformen in Zukunft lieber auf der sicheren Seite wiegen und jedes Meme – größer als 125 Kilobyte – sperren.

Die Plattformen sind letztendlich verpflichtet, sich an die Gesetzesvorgaben zu halten. Andernfalls können sie zu Schadensersatzansprüchen verpflichtet werden. Sie werden somit doppelt in die Pflicht genommen. Sie müssen Grundlizenzen erwerben UND jegliche Rechtsverletzungen vermeiden. Kann man ihnen da ein übermäßiges Blockieren noch übelnehmen? Lediglich kleinere Plattformen, wie Start-Ups oder auch umsatzschwache Unternehmen, müssen sich nicht in den Konflikt begeben. Diese sind von dem Gesetzesentwurf explizit ausgeschlossen.

Uploadfilter und der Kontext – auch in der Musikbranche ein Problem?

Im Vorfeld wurde der Regierungsentwurf vor allem von Musikern und Künstlern stark kritisiert. Der offene Brief – welcher vor allem die Bagatellgrenze kritisiert – hat mehr als 1300 Unterstützer. Besonders problematisch erscheine die 15-Sekunden Regelung. So soll zwar das Urheberpersönlichkeitsrecht ausreichend geschützt werden und ihre Werke nicht in einen ungewollten Kontext gebracht werden. Über die 15 Sekunden, die explizit nicht geblockt werden haben sie zunächst aber keine Kontrolle mehr. Sie können nicht vermeiden, dass genau in diesen 15 Sekunden ihre Musik beispielsweise mit einer nicht unterstützenswerten Marke in Verbindung gebracht wird. Die Möglichkeit, nachträglich den Content sperren zu lassen, wird dem wahrscheinlich nicht immer gerecht. 

Die Gesamtsituation lässt darauf schließen, dass niemand der Parteien so richtig zufrieden scheint. Unklar bleibt aktuell noch auf welchem Rücken der Konflikt ausgetragen wird. Sind es am Ende die User, die Memes künftig nur in Größe von 125 Kilobyte genießen können – ohne Gefahr zu laufen, schon im Vorfeld geblockt zu werden – oder sind es die Künstler und Musiker, die eine Gefährdung ihrer Existenzgrundlage fürchten. Eine letzte Hoffnung bringt die Anklage der EU-Reform durch Polen vor dem europäischen Gerichtshof in Luxemburg (EuGH). Gibt der europäische Gerichtshof Polen Recht, wäre der kürzlich beschlossenen Gesetzesentwurf europarechtswidrig und müsste – wie auch die EU-Richtlinie – angepasst werden.

Dr. Stephan Bücker, Medienanwalt, Unternehmer und Dozent

Dr. Stephan Bücker, LL.M.

Medienanwalt, Unternehmer & Dozent an der TH Köln

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