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Dr. Stephan Bücker – Freiheit für das Dubbeglas

Photo by Lisa Bodensohn

Freiheit für das Dubbeglas!

Die Pfalz steht Kopf: Kann ihr Kulturgut als Marke geschützt und damit monopolisiert werden?

Dieser Beitrag wurde am 05.05.2021 auf dem Blog der Kölner Forschungsstelle für Medien (TH Köln) veröffentlicht.

Ein findiger Unternehmer aus der Nordpfalz hat etwas gewagt, was dem Pfälzer bisher als undenkbar erschien. Er hat sich das beliebte „Dubbeglas“ als Wortmarke beim deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München als Wortmarke eintragen lassen. Müssen die Pfälzer beim nächsten Weinfest jetzt auf ihr geliebtes „Dubbeglas“ verzichten oder sind die Auswirkungen nicht so schlimm, wie es auf den ersten Blick scheint?

Das Besondere am Pfälzer Dubbeglas:

Das Dubbeglas ist ein gläsernes Trinkgefäß, welches vor allem für Wein oder Weinschorle gedacht ist. Die Besonderheit ergibt sich aus den kleinen runden Vertiefungen an der Außenseite – auch Tupfen oder Dubbe genannt. Diese sollen dem Glas eine besondere Griffigkeit verleihen. Doch wer einmal in der Pfalz auf einem Weinfest war, merkt, es ist mehr als nur ein einfaches Glas. Es ist ein Kulturgut, ein Lebensgefühl und ein Stück Heimat.

Neben dem klassischen Glas drücken die Pfälzer ihre Liebe zur Heimat aber auch durch vielfältiges Merchandising aus. So dient das Dubbeglas als Vorlage für Bekleidung, verschiedene Möbel, Kaffeetassen, Schmuck und vieles mehr. Es ist Symbol und Aushängeschild der Pfälzer. Am traditionellen Wurstmarkt wird in jedem Jahr der „Dubbeglas-Orden“ verkauft. Hier wird über 600.000 Besuchern die Liebe zur Heimat deutlich. Im Juli 2016 ließen drei Pfälzer das Dubbeglas an einem Wetterballon in die Stratosphäre transportieren. Anschließend wurde das erste Dubbeglas im Weltall für den guten Zweck versteigert. Die Liebe zum Wein, zur Natur und Kultur ist für jeden ersichtlich. Vielleicht ist die Region genau aus diesem Grund ein wahrer Touristenmagnet. Doch durch die Markeneintragung könnte genau dieses Lebensgefühl gefährdet sein.

Die Eintragung und das Freihaltebedürfnis der Marke

Das Gute vorweg: Die beantragte Eintragung als Glas wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt zurückgewiesen. Das „Dubbeglas“ als Glas wird es daher auch weiterhin überall geben – und es darf auch weiter „Dubbeglas“ heißen. Da es sich beim „Dubbeglas“ aus Sicht des Amtes in Bezug auf diese Waren um einen freihaltungsbedürftigen Begriff handle, dürfe dieser auch nicht monopolisiert werden. Gewährt wurde der Markenschutz seitens des DPMA aber u.a. in Bezug auf Textilien in den Klassen 24 und 25 sowie u.a. Online-Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Bekleidungsstücke in Klasse 35.

Als Markeninhaber ist es dem Inhaber nun möglich, Dritten die Nutzung des Wortes „Dubbeglas“ in den oben genannten Bereichen zukünftig zu untersagen oder die Marke selbst bzw. durch Dritte (z.B. durch den Abschluss von Lizenzvereinbarungen) kommerziell zu verwerten.

Vom Lebensgefühl zur Registernummer beim Marken- und Patentamt

Der Markeninhaber hat zwar zunächst versichert, keine Abmahnwelle loszutreten. Vielmehr wolle er die Wortmarke vor missbräuchlicher Verwendung schützen. So habe er bereits darum gebeten, Lizenzvereinbarungen rund um das Dubbeglas mit ihm abzuschließen, um eine Markenrechtsverletzung zu vermeiden. Bei diesen würde er auch keine Lizenzgebühren verlangen. Sein Hauptziel sei es, den Schutz des Dubbeglases in der Pfalz zu lassen, indem er durch seine Eintragung verhindert habe, dass sich völlig Unbeteiligte die Markenrechte sichern. Er sehe sich selbst als „Retter des Pfälzer Kulturguts“ und wolle zu einer starken regionalen Marke heranwachsen.

Die Pfälzer glauben jedoch nicht an die guten Absichten des Unternehmers und haben am 12. Januar 2021 einen Antrag auf Nichtigerklärung wegen absoluter Schutzhindernisse beim DPMA gestellt (§ 53 Abs. 1 MarkenG). MarkenG).

Unterstützt wird dieses Vorgehen durch eine Online Petition, gestartet von einem Pfälzer Modehaus. Mit einem offenen Brief haben sie sich zusätzlich direkt an den Markeninhaber gewendet und bitten ihn selbst die Marke austragen zu lassen. Die Petition hat bereits mehr als 10.000 Unterschriften sammeln können. Daneben haben auch die Pfälzer Künstler Chako Habekost und die Anonyme Giddarischde ihre Unterstützung ausgesprochen. Für die Pfälzer ist es unbegreiflich, warum dem „Dubbeglas“ insgesamt kein Freihaltebedürfnis zusteht. Es soll nach ihrer Ansicht keine Marke sein, aus der bestmöglicher Profit geschlagen wird. Entscheidend für die Starter der Petition: Das „Dubbeglas“ solle der Allgemeinheit gehören und nicht einer einzelnen Person.  Es solle den Pfälzern und Pfälzerinnen wieder zurückgegeben werden.

Für die Pfälzer bleibt zu hoffen, dass sie in Zukunft mehr auf ihre Kultur aufpassen. So liegt es jetzt entweder beim Markenamt, dem „Dubbeglas“ das geforderte Freihaltebedürfnis zuzusprechen oder beim Markeninhaber, der Verständnis für das Lebensgefühl der Pfälzer zu ihrer Kultur zeigt. Es bleibt abzuwarten, ob die Pfälzer ihre Liebe zur Region künftig ganz ohne Lizenzgebühren ausdrücken können.

Dr. Stephan Bücker, Medienanwalt, Unternehmer und Dozent

Dr. Stephan Bücker, LL.M.

Medienanwalt, Unternehmer & Dozent an der TH Köln

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