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Dr. Stephan Bücker – Die Craft Beer Industrie

Photo by Tim Gouw on Unsplash

Guns ‘N’ Rosé – Die Craft Beer Industrie und ihr Branding

Der schmale Grat zwischen Innovation und dem Diebstahl von geistigem Eigentum

Dieser Beitrag wurde am 22.02.2021 auf dem Blog der Kölner Forschungsstelle für Medien (TH Köln) veröffentlicht.

Die Craft Beer-Bewegung stammt ursprünglich aus den USA, wo sich in den 1980er Jahren zumeist junge Brauer gegen den Einheitstrend der Bierindustrie wandten. In Deutschland gründetet sich Anfang 2017 aus der deutschen Craft-Szene der Verband Deutscher Kreativbrauer e. V. Den Brauern geht es beim Craft Beer vor allem darum, intensivere Geschmäcke, außergewöhnliche Bierspezialitäten sowie alte (zum Beispiel Weizenbock, Märzen) und ungewöhnliche (zum Beispiel Ale, India Pale Ale) Biersorten zu brauen. Kurz gesagt: Craftbiere sollen sich vom Massenmarkt abheben.

Dabei wollen sich die Brauereien nicht nur durch ihre speziellen Biersorten vom Rest des Marktes abheben, sondern zeigen sich auch bei der Markenfindung Ihrer Biere als besonders kreativ. Nicht selten bedienen sie sich historischer Persönlichkeiten, Zeichen der Popkultur oder gar nordischer Götternamen. So ist die wohl bekannteste Craft Beer Marke in Deutschland nach keinem geringeren als dem bekanntesten deutschen Seeräuber Klaus Störtebeker benannt. Die Wacken Brauerei hat verschiedene Marken beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) auf sich registrieren lassen, darunter Namen wie „Mjölnir“ (Name des Hammers des nordischen Donnergotts Thor), „Ragnarök“ (die Sage vom Untergang der Götter (Weltuntergang) in der Nordischen Mythologie), „Sleipnir“ (Pferd von Odin), „Tyr“ (Kriegsgott) und „Baldur“ (Gott des Lichts).

Die Rockband „Guns ‘N’ Roses“ wehrte sich 2019 gegen eine Markeneintragung der in Colorado ansässigen Brauerei Oskar Blues. Diese hatte das Zeichen „Guns ‘N’ Rosé“ beim amerikanischen Markenamt (USPTO) auf sich eintragen lassen, mit dem Argument, die Rockband habe sich die Marke nicht für alkoholische Getränke schützen lassen. Nachdem die Band daraufhin offiziell eine Klage auf Löschung der Marke eingereicht hatte, einigte man sich später auf einen Vergleich.

Die oben beschriebenen Aktivitäten der Craft Beer Szene zeigt, dass die Beteiligten sich hier auf einem schmalen Grat zwischen Innovation bzw. kreativer Markenführung und dem Diebstahl von geistigem Eigentum befinden. Wie emotionalisiert diese Auseinandersetzung im Einzelfall geführt wird, zeigt der Fall der Wacken Brauerei. So titelte die Bild-Zeitung: „Dänische Brauer schäumen vor Wut! Wacken Brauerei will Dänen ihr Bier verbieten!“

Die dänischen Brauer sahen sich ihrer Identität beraubt. Sie seien die Nachfahren der Wikinger. Die nordischen Götter gehörten ihnen. Die Wacken Brauerei sieht dies allerdings anders. Die „nordische“ Mythologie sei eigentlich die germanische Mythologie, die das gemeinsame Erbe aller germanischen Völker sei, so die Brauerei. Das Dorf Wacken befände sich darüber hinaus in Schleswig-Holstein (Norddeutschland). Dieser Ort war 400 Jahre lang unter dänischer Herrschaft. Eine der größten Wikingerstädte „Hedeby“ (Haithabu) sei nur 55 km entfernt.

Sicher kann man trefflich darüber streiten, ob das Verhalten der Brauereien moralisch korrekt ist, und die Emotionen der dänischen Brauer sind sicherlich auch verständlich. Aus markenrechtlicher Sicht hat sich die Wacken Brauerei in diesem Fall aber nichts vorzuwerfen.

Denn diese durfte die Götternamen als solche für die von ihren vertriebenen Bieren registrieren lassen. Für die Frage der Rechtmäßigkeit der Registrierung kommt es dabei auf die klassischen markenrechtlichen Grundsätze an, d.h. der Eintragung dürfen keine absoluten Schutzhindernisse im Sinne von § 8 MarkenG bzw. Art. 7 Unionsmarkenverordnung (UMV) entgegenstehen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Art. 7 Abs. 1 b.) UMV) haben die Götternamen, denn sie sind geeignet, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für das hierunter vertriebene Bier aufgefasst zu werden.

Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, dass die Namen besonders bedeutender historischer Persönlichkeiten Teil des kulturellen Erbes der Allgemeinheit seien und ihnen daher vom Verkehr in der Regel kein Markencharakter zugeordnet werde. Eine derartige Generalisierung im Hinblick auf die Unterscheidungskraft der Namen historischer Personen wird jedoch den Grundsätzen der EuGH-Rechtsprechung nicht gerecht. Denn hiernach müsste eine Monopolisierung des Namens zu einer Beeinträchtigung der berechtigten Interessen der Mitbewerber des Markeninhabers an der Verfügbarkeit des Namens für die fraglichen Produkte führen. Es ist aber nicht ersichtlich, warum die Tatsache, dass ein bestimmter Göttername nicht mehr zur Kennzeichnung eines Bieres genutzt werden kann, zu einer Beeinträchtigung der Interessen der Mitbewerber führen soll.

Es besteht auch kein Freihaltebedürfnis an den Götternamen nach § 8 II Nr. 2 MarkenG (Art. 7 Abs. 1 c.) UMV). Ein solches steht der Markeneintragung eines Persönlichkeitsmerkmals nur entgegen, wenn das Zeichen zur Beschreibung der Produkte erforderlich ist, da dann das Interesse der Mitbewerber des Anmelders an der Benutzung des Zeichens zur Beschreibung ihrer eigenen Waren oder Dienstleistungen die Monopolisierung desselben zu Gunsten eines Einzelnen verbietet. Dies ist hier gerade nicht der Fall.

In Bezug auf die Anmeldung von Namen historischer Personen wird bisweilen ein Entgegenstehen einer „Gemein-” bzw. „Kulturfreiheit” als Gegenstand der öffentlichen Ordnung diskutiert. Das Eingreifen des Schutzhindernisses des § 8 II Nr. 5 MarkenG (Art. 7 Abs. 1 f.) UMV) ist aber auf die Fälle beschränkt, in denen ein Verstoß gegen die guten Sitten (z.B. durch herabwürdigende oder anstößige Wirkung) vorliegt. Auch dies ist hier nicht gegeben.

Selbst wenn die dänischen Brauer die Götternamen schon vor der Registrierung der Marken durch die Wacken Brauerei für ihre Biere verwendet hätten, würde sie dies jetzt nicht mehr schützen. Denn wer auf eine Markenanmeldung verzichtet, riskiert, dass ein Dritter das gleichlautende Markenzeichen später auf sich registriert und diesen dann zur Unterlassung der weiteren Nutzung auffordert. Der Erste zu sein, der die Marke benutzt, führt nicht zu einem Bestandsschutz. Nur in seltenen Fällen ist eine nicht eingetragene Marke als sog. Benutzungsmarke geschützt. Diese entsteht ohne Registrierung durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen, wenn sie dabei innerhalb beteiligter Verkehrskreise sogenannte Verkehrsgeltung als Marke erlangt hat. Für die Feststellung der Verkehrsgeltung reicht nicht allein die Bekanntgabe von Umsätzen, Marktanteilen, Werbeaufwendungen etc. aus, vielmehr erfolgt sie regelmäßig durch Meinungsforschungsgutachten. Als ausreichend wird meist ein Zuordnungsgrad von 20-25% angesehen.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Eintragung von bekannten Götternamen aus der germanischen Mythologie als unbefriedigende oder missbilligenswerte Situation empfunden werden kann. Sie entspricht jedoch der gegenwärtigen Gesetzeslage. Andere Ergebnisse ließen sich nur durch ein Tätigwerden des Gesetzgebers erreichen. Denn dann müsste man einen „Kulturgüterschutz” festlegen, der keine markenrechtliche, sondern vielmehr eine (kultur-) politische Lösung hervorrufen würde.

Im Fall der Band „Guns N’ Roses“ ist der Fall jedoch anders zu beurteilen. Hier lag m.E. eine klare Verwechslungsgefahr mit dem später registrierten Zeichen „Guns ‘N’ Rosé“ vor. Die Verwechslungsgefahr ist dabei nach ständiger Rechtsprechung anhand der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens, der Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit und der Zeichenähnlichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, wobei diese drei Parameter untereinander in Wechselwirkung stehen. Für die Verwechslungsgefahr genügt es hier, dass die Zeichen im Hinblick auf die schriftbildliche, begriffliche und klangliche Zeichenähnlichkeit sehr nah beieinander sind und das ältere Zeichen hier eine hohe Kennzeichnungskraft hat. Die Tatsache, dass das ältere Zeichen in diesem Fall nicht für alkoholische Getränke geschützt gewesen ist, war daher nicht mehr entscheidend.

Die oben beschriebenen Fälle sind nur einige Beispiele aus der Vergangenheit. Die Craft Beer Szene verändert den Markt in vielerlei Hinsicht, und es sollte ihr der Innovationsdrang auch nicht genommen werden. Bei sinkenden Bierkonsum in den westlichen Industrieländern wird es für Brauer in den Märkten immer enger. Modernes Marketing kann helfen, den Absatz anzukurbeln. Mit der Craft Beer Bewegung hat sich das traditionelle Marketingumfeld verändert. Das beginnt bei der Plakatierung und mündet in hippe Flyer, coole Etiketten und schmucke Aufkleber. Selbst traditionelle Werbemittel wie Flaschenöffner und Bierdeckel kommen nicht mehr mit antiquierten Motiven, sondern mit frischem Design.

Dennoch sollten die hippen Brauer eins nicht vergessen: Geistiges Eigentum verdient seit jeher einen besonderen Schutz, und ein Verstoß kann teuer werden. Nicht nur der Vertrieb der Waren kann dann vom Rechteinhaber untersagt werden, sondern auch die Gewinne, die der Verletze durch den Verkauf der Waren erwirtschaftet hat, können von diesem herausverlangt werden. Die einmal teuer aufgebaute Marke ist darüber hinaus verloren. Den Brauereien ist daher dringend zu empfehlen, sich vor der Anmeldung eines Zeichens als Marke rechtlich beraten zu lassen. Denn irgendwann schmeckt sonst auch das hippste Bier nicht mehr.

Dr. Stephan Bücker, Medienanwalt, Unternehmer und Dozent

Dr. Stephan Bücker, LL.M.

Medienanwalt, Unternehmer & Dozent an der TH Köln

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