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Dr. Stephan Bücker – Spekulation mit Musikrechten

Photo by Joshua Fuller on Unsplash

Spekulation mit Musikrechten als profitable Geldanlage? – Der Handel mit Urheberrechten und die Angst der Kreativen

Es war ein Paukenschlag: Bob Dylan hat die Verlagsrechte an allen seinen Songs an den Musikkonzern Universal Music verkauft. Laut „New York Times“ soll der Verkaufspreise bei etwa 300 Millionen Dollar liegen. Bob Dylan gehört dabei zu den wenigen Künstlern, die die Verlagsrechte für ihre Musik noch selbst kontrollieren. Seine Songs wurden rund 6.000 Mal neuinterpretiert, darunter von namhaften Kollegen wie Adele, Jimi Hendrix oder auch der Band Guns N’Roses. Seit den frühen Sechzigerjahren hat Dylan weit mehr als 100 Millionen Platten verkauft, zu seinem Gesamtwerk zählen bislang mehr als 40 Studioalben.

Der Dylan-Deal ist der Höhepunkt einer Reihe von lukrativen Veräußerungen. Erst kürzlich hatte die Fleetwood-Mac-Songwriterin Stevie Nicks die Rechte an ihren Liedern für 100 Millionen Dollar an den Verlag Prime Wave verkauft.

Was der Deal zeigt: Rechte an Songs sind das Gold der Musikbranche

Die Verlagsrechte (Musikrechte) – warum die Künstler um ihre Freiheit fürchten

In Zeiten, in denen das Geschäft mit klassischen Tonträgern immer schwieriger wird, ist die Bedeutung der Musikrechte gewachsen. Immer wenn irgendwo auf der Welt ein bestimmter Song auf der Bühne, im Radio oder aus den Lautsprechern im Supermarkt gespielt wird, klingelt es bei den Rechteinhabern in der Kasse. Das gilt in der Regel auch für Musik-Streaming-Dienste, bei denen man gegen eine Abo-Gebühr hören kann, was man mag.

Dabei haben sich die Verlagsrechte in der Musikbranche insbesondere mit dem Erfolg der Streamingdienste zu einem äußerst wertvollen Gut entwickelt. Die Lizenzgebühren werden für den Inhaber der Nutzungsrechte immer interessanter. Sei es, weil ein Song bei einem Streamingdienst abgerufen, in der Werbung verwendet wird oder weil ein anderer Künstler ihn neu aufnimmt oder Teile daraus benutzt. Gerade in der aktuellen Pandemie sind eine zusätzliche Einnahmequelle, da für Künstler die Einnahmen aus Live-Auftritten wegfallen. Aus Sicht der der Künstler wird dies zu einem echten Problem. Da sie ihre Rechte in der Regel langfristig auf einem Musikverlag übertragen haben, verlieren sie faktisch den Einfluss auf deren weiteren Verkauf und damit Ihren Vertragspartner.

Das Spiel der Spekulanten

Songrechte können zu einer echten Wertanlage werden. Das sieht man beispielsweise an dem Erfolg des Fonds Hipgnosis. Dahinter steht eine Gruppe von Musikmanagern; darunter auch Merck Mercuriadis, der 40 Jahre lang im Musikgeschäft arbeitete, unter anderem für Virgin Records.

Gut ausgewählte Songs seien sehr zuverlässige Wertanlagen, sagte Mercuriadis in einem Fernsehinterview mit dem Wirtschaftssender Bloomberg:

„Menschen hören Musik – egal, ob es ihnen gut geht oder sie mit schwierigen Situationen wie jetzt konfrontiert sind. Musik wird immer konsumiert.“

Ebenfalls mit im Team: professionelle Investment-Banker. Über den Aktienfonds sollen Urheberrechte von Songs eingekauft werden, die Nummer-eins-Hits, sogenannte Evergreens, werden könnten.

Etwa 13.000 Songs umfasst der Fonds von Hipgnosis, darunter Hits der Popsänger Justin Bieber oder Ed Sheeran. Der Fonds soll in den nächsten Jahren auf 1,2 Milliarden Dollar wachsen und 20 Prozent der weltweiten Musikrechte besitzen. Wie erfolgreich ein Song über viele Jahre sein kann, das zeigt gerade zur Weihnachtszeit „Last Christmas“ von Wham.

„Hipgnosis kauft Songrechte und spekuliert, dass die über Jahre hinweg erfolgreich bleiben. Evergreen-Investment nennt man das.“

Ann-Kristin Schenten, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Hipgnosis ist dabei auf der britischen Kanalinsel Guernsey gemeldet – die Insel steht bei der Europäischem Kommission auf der Schwarzen Liste der Steueroasen.

(Quelle: https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/handel-mit-urheberrechten-songs-die-reich-machen)

Der Handel mit den Urheberrechten von Songs bleibt aber auch ein Risikogeschäft und der Erfolg eines Songs lässt sich dabei nur schwer vorhersagen.

Die Masterrechte (Musikrechte) und warum Taylor Swift Ihre eigenen Songs neu interpretiert

Neben den Verlagsrechten sind aber auch die sog. Masterrechte von großem Interesse für Investoren. Diese werden in der Regel von dem Musiklabel kontrolliert, das die Rechte an der musikalischen Aufnahme, die durch den Künstler interpretiert worden ist, erwirbt. Die Gesamtheit der einem Label gehörenden und bereits veröffentlichten Songs wird dabei als Backkatalog bezeichnet. Der Wert eines Musiklabels hängt dabei auch oftmals vom Wert seines Backkataloges ab.

Diese Kataloge werden dann wie Aktien gehandelt, sagt der Ökonom Chris Hayes, der für die Analysefirma Enders Analytics tätig ist und führt fort

„Es gibt einen richtigen Marktplatz für Musikkataloge unter Investoren, die nach ziemlich sicheren Erträgen suchen“

(Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/paradisepapers/paradisepapers-207.html)

Hier hat insbesondere der Fall von Superstar Taylor Swift für Aufsehen gesorgt: Ihr altes Label Big Machine Records (BMR) wurde an eine Firma namens Ithaca Ventures verkauft. Hinter Ithaca Ventures steht der Manager Scooter Braun, der auch Justin Bieber und Kanye West, Swifts Erzfeind, vertritt. Die Master-Rechte an Taylors ersten 6 Alben sollen mittlerweile an einen unbekannten Investmentfonds weiter verkauft worden sein. Der Käufer soll für den Deal weit über 300 Millionen US-Dollar gezahlt haben. Taylor Swift erobert sich die alten Songs aber einfach anders zurück: Sie singt sie neu ein und verwertet die neu interpretierten Songs dann selbst. Nach Ablauf der Titelexklusivität ist dies möglich. Ein Schlag für die Investoren und ein Gefühl von Freiheit für die Künstlerin.

Wiener Startup Global Rockstar startet Crowdinvesting-Plattform für Musik

Es bleibt aber nicht nur bei der Investition in sog. Fonds. Es entwickeln sich auch ganz neue Geschäftsmodelle. Das innovative Geschäftsmodell von Global Rockstar ermöglicht Musikfans auf globalrockstar.com „Aktionäre“ von neuen Hits werden, um im Gegenzug für 70 Jahre an deren Erlösen aus Streams und Radioeinsätzen zu partizipieren. Die Investitionen werden genutzt, um die Musikproduktionen zu optimieren und ihre Vermarktung zu finanzieren.

Die Funktionsweise von Global Rockstar ist einfach: Ausgewählte Künstler erstellen auf der Plattform Projekte mit neuen und unveröffentlichten Musikaufnahmen. Musikfans können dann in jenen Track investieren, dem sie das größte Hit-Potential zurechnen. Wird das Musikstück erfolgreich finanziert, verwendet Global Rockstar das gesammelte Geld für Produktion und Marketing und vertreibt sowie vermarktet den Track weltweit digital.

Schlussendlich erhalten Künstler und Musik-Investoren Tantiemen aus der kommerziellen Verwertung der Masterrechte für 70 Jahre. Dazu zählt jeder Stream, Download sowie Erlöse der Synchronisierungsrechte. Künstler bleiben dabei für alle zukünftigen Veröffentlichungen ungebunden.

Das Rolling Stone Magazine bescheinigte Global Rockstar bereits 2019, als Gamechanger der Musikindustrie eine radikale Änderung in der Finanzierung von Musikproduktionen einzuleiten.

Das renommierte deutsche Startup-Magazin Business Punk kürte Global Rockstar-Gründer Christof Straub zum „Business Punk 2020“, und somit zu einem der einflussreichsten Gründer des Jahres.

Offshore Konstruktionen und Steuerparadise

Aber auch Offshore Konstruktionen spielen eine Rolle. Die sog. „Paradise Papers“ enthüllten, dass dieser wertvolle Zweig des internationalen Musikgeschäfts auch über Offshore-Konstruktionen organisiert wird. In den Unterlagen lässt sich das Schicksal eines solchen Katalogs nachverfolgen, der auf der Kanalinsel Jersey lagerte. Der Katalog „First State“ umfasst Songs von Creeds „With arms wide open“ bis Sheryl Crows „All I wanna do“. Zu seinen besten Zeiten enthielt der Katalog rund 26.000 Titel aus den vergangenen sieben Jahrzehnten.

In einer internen Verkaufsbroschüre aus dem Jahr 2013 wird der Katalog als „einer der größeren Zusammenstellungen von Urheberechten, die auf dem Markt gerade verfügbar sind“ angepriesen. Der Vorteil an einer Lagerung in Jersey: Auf der Insel fallen keine Steuern für Gewinne aus Lizenzgebühren an. Das ist besonders attraktiv für Titel von US-amerikanischen Rechteinhabern. Falls die Gewinne bei einer Firma in den USA angefallen wären, wären dort 38 Prozent Gewinnsteuer fällig gewesen. In Jersey: null Prozent (Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/paradisepapers/paradisepapers-207.html).

Verträge sollten für einen fairen Interessenausgleich sorgen

Musikrechte sind schon immer ein lukratives Gut gewesen. In Zeiten der Digitalisierung und der Transformation der gesamten Kreativwirtschaft entstehen neue Geschäftsmodelle, die sowohl die Künstler als auch die Beteiligten innerhalb der Verwertungskette vor große Herausforderungen stellen. Künstler bangen um ihre persönlichen Werte und ihre Einflussnahme auf das eigene Lebenswerk und Unternehmen stehen vor der Herausforderung, wie sie aufgebrochen Geschäftsmodelle transformieren und sich im Markt langfristig behaupten können.

Die Interessen des Künstlers sind die langfristige und angemessene Beteiligung an den Verwertungserlösen, als auch die Einflussnahme im Rahmen der Verwertung Ihrer Werke. Das Musiklabel möchte in Hinblick auf den Künstler eine Exklusivität, um sich eine größtmögliche Autonomie hinsichtlich der Art und Weiser der Auswertung zu sichern. Hier bedarf es eines fairen Ausgleichs der wechselseitigen Interessen.

Hier gibt es verschiedene Modelle und die großen Musikkonzerne haben schon länger damit begonnen, Abteilungen aufzubauen bzw. Tochtergesellschaften zu gründen (oder einzukaufen), die diejenigen Dienstleistungen anbietet, mit denen der Künstler weitere Einkünfte erzielt (Touring, Ticketing, Endorsement, Merchandise, Management).

Wichtig ist es, dass der Künstler sich von Anfang an damit befassen sollte, wie er in Zukunft aufgestellt sein möchte und was er bereit ist, gegen eine angemessene Vergütung, an Dritte abzutreten. So sehr der Künstler sich über lange Bindungen oder Verlust von Nutzungsrechten beschwert, so darf er auch nicht vergessen, dass der ursprüngliche Vertragspartner im Zweifel auf eigenes wirtschaftliches Risiko die Aufbauarbeit geleistet hat und am Ende nicht nur finanziell Einbußen refundiert haben möchte, sondern auch von Anfang an motiviert bleiben muss. Es sind regelmäßig die Label, die mit zum Tiel ehrlichen Aufwand Künstlerkarrieren in Gang gesetzt haben, deren Namen in den Medien bekannt machen und alles dafür tun, dass Künstler als solche wahrgenommen werden und auch nachgefragt werden.

Eine seit langem bemühte Branchen-Weisheit besagt, dass von zehn durch ein Major-Label unter Vertrag genommenen Künstlern und mit diesen produzierten Aufnahmen, für die das volle Marketing- und Promotionsinstrumentarium zur Anwendung kommt, nur ein einem Fall der erhoffte Erfolg eintritt. D.h. ein erfolgreiches Künstlerprojekt muss die eigenen Investitionen und gleichzeitig die Investitionen für die neuen anderen Projekte finanzieren.

Beide Seiten sollten daher von Beginn an faire Vertragslaufzeiten vereinbaren, klare Regelungen zur persönlichen, als auch zur Titelexklusivtät aufstellen und auch den Unterschied zwischen Vertragsdauer und Auswertungsdauer nicht aus den Augen verlieren.

Urheber können selbst z.B. durch Editionsvereinbarungen langfristig Einfluss auf die Verwertung ihrer Verlagsrechte und auch deren Weiterverkauf nehmen und Teil eines Verlages sein oder eben ihre Rechte zurück erwerben und in Kooperation mit starken Partnern selbst verwerten. Label können neben der Verwertung der Songs auch andere Modelle aufsetzen, um sowohl die Motivation als auch die Refundierung von Investitionen abzusichern. Zwei Beispiele aus aktuellem Anlass zeigen dies auf: Die Berliner Band Culcha Candela vermeldet den Rückerwerb ihrer Rechte und vertreibt diese jetzt in Eigenregie über die Vertriebspartner Sony Music und The Orchad und die Bertelsmann-Tochter BMG steigt ins Geschäft mit Live-Events ein und übernimmt die Mehrheit am Braunschweiger Veranstalter Undercover. Hierdurch kann man den Künstlern als direkter Partner bei Veranstaltungen zur Seite stehen und hier am lukrativen Live Geschäft des Künstlers partizipieren.

Dr. Stephan Bücker, Medienanwalt, Unternehmer und Dozent

Dr. Stephan Bücker, LL.M.

Medienanwalt, Unternehmer & Dozent an der TH Köln

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